Im Jahre 1957 entwickelte der Princeton Physiker Hugh Everett eine Deutung der Quantentheorie,
in der die reale Existenz einer Vielzahl von fremden Universen angenommen wird. Die
Everettsche Interpretation der Quantentheorie ist eine theoretische Alternative zur
allgemein anerkannten Kopenhagener Deutung. Atomare Ereignisse unterliegen
Wahrscheinlichkeitsgesetzen, die durch eine Wellenfunktion beschrieben werden.
Die Wellenfunktion gewichtet die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines bestimmten,
zukünftigen Ereignisses. Die Physiker haben sich immer darüber gewundert, dass die
Wellenfunktion nicht voraussagen kann, welches von den alternativ möglichen Ereignissen
nachweisbare Realität wird.
   
  
Das Universum entscheidet sich für ein Ergebnis, alle anderen möglichen Resultate sind nur
theoretisches Beiwerk. Warum die Wahl des Universums auf ein bestimmtes Ergebnis fiel, bleibt
in der Kopenhagener Deutung der Quantentheorie ungeklärt. Die Physiker  sprechen vom
"Zusammenbruch der Wellenfunktion". Die Basisidee von Hugh Everett war nun, diesen
Zusammenbruch der Wellenfunktion aufzuheben durch die phantastische Forderung, dass alle
Möglichkeiten für das Ergebnis eines atomaren Prozesse real sind. Da unser Universum nur
eine Alternative als Realität zulässt, können sich die anderen Alternativen nur in einem
anderen Universum ereignen. Jede Möglichkeit realisiert sich in ihrem eigenen Universum.
Daher spaltet sich das jeweils aktuelle Universum in jeder Sekunde in eine unermessliche
Zahl von Zweigen auf. Ein Beobachter misst immer nur ein Ereignis.
Der Beobachter in einem Paralleluniversum  unterscheidet sich von dem Beobachter des ersten
Universums erst nach der Verzweigung. Die durch die Wahrscheinlichkeiten vorgegebenen
alternativen Messergebnisse eines Versuches erzeugen gerade die Aufteilung des Universums,
es entstehen mindestens zwei Beobachter in zueinander parallelen Universen. Beide stellen
mit ihren Messapparaten zwei unterschiedliche Ergebnisse fest, und sonst gibt es keine
Unterscheidung. Niemals kann der Beobachter selbst Zeuge der Aufsplitterung seines
Universums werden. Die Zweige sind für ihn auf immer verloren, da sie andere Geschichten
besitzen. Die Vielzahl der möglichen Ergebnisse einer Messung sind Verzweigungspunkte
für fast identische Universen.
  
  
Da alle Materie im Universum aus Atomen zusammengesetzt ist, summieren sich die verschiedenen
atomaren Geschichten zu unterschiedlichen Makroverhältnissen auf. In der ungeheuren Vielzahl
der Alternativuniversen gibt es Universen, die unserem eigenen sehr ähnlich sind, anderen
haben sich stetig von dem uns bekannten Bild wegentwickelt, so dass wir sie kaum wiedererkennen
würden. Wenn wir die kosmische Geschichte des Universums betrachten, so stellt sie das
Endresultat einer unermesslichen Zahl von Wahlentscheidungen dar, die aus einer unendlichen
Zahl von Möglichkeiten getroffen wurde. Es sind durchaus Pfade für ein Universum denkbar, in
denen sich kein fortgeschrittenes, intelligentes Lebens formiert hat, um die Vielzahl der
Welten mit Staunen theoretisch zu erschließen.
  
Die Welt spaltet sich als Folge von Quantensprüngen unablässig in viele Zweiguniversen auf.
Überträgt man diese phantastische Folgerung auf die Entwicklung der Geschichte der
Menschheit, so sind alternative, sich gegenseitig ausschließende  Ereignisfolgen in der
Geschichte denkbar, die alle gleich wahr sind. Eine Geschichte ohne Hitler ist
quantenphysikalisch real und erlaubt, ebenso wie die Realität, in der Napoleon die Schlacht
bei Waterloo tatsächlich gewonnen hat.
  
Jede theoretische mögliche Wahl eines Menschen wird in der Natur auch realisiert, wenn auch in verschiedenen
Universen. Die die physikalische Theorie der Vielen Welten behauptet die faktische Realität aller überhaupt
möglichen Wahlentscheidungen, gleichgültig ob sie von einem Atom oder einem menschlichen Bewusstsein
getroffen werden können.
Die Verzweigungspunkte im Lebens eines Menschen sind so zahlreich, dass unzähligen Kopien
eines Menschen in unzähligen Parallelwelten existieren, die mit vielfach veränderten
Lebenslagen zu kämpfen haben. Leider sind sie von einer Kommunikation und einem
hilfreichen Erfahrungsaustausch mit ihren vielen Varianten ausgeschlossen.
   
  
"Was wäre wenn", ist ein beliebtes Gedankenspiel der Menschen über verpasste Möglichkeiten
im Leben. Die Behauptung eines anerkannten Physikers, dass alle die "Was wäre Wenn"-Phantasien
der Menschen eine reale Existenz besitzen, klingt für den gesunden Menschenverstand
schockierend. Es ist der Schock der absurden Vorstellung, dass ein Superuniversum 10100
Kopien eines einzigen Menschen enthält, der viele moderne Physiker an der Richtigkeit der
Everett-Theorie zweifeln ließ. Dass diese 10100 leicht verschiedenen Duplikate sich ständig
in immer mehr Varianten aufspalten, bis sie unter Umständen als Kopien nicht mehr anzuerkennen
sind, steigert das Bild ins Unvorstellbare.
    
  
Die Viele-Welten-Theorie der Quantenmechanik erlaubt ein Superuniversum, in dem keine
Möglichkeit unerfüllt bleibt. Alles was logisch erlaubt ist, ereignet sich auch. Allerdings
behauptet sie die totale Trennung der alternativen Zukunftswelten. Aber wo liegen die
unzähligen alternativen Welten mit den parallelen Zeitpfaden? Sie sind tatsächlich
ziemlich nahe, aber wir können sie durch keine noch so ausgedehnten Reisen in Raum und
Zeit erreichen. Es kann sein, dass der Leser dieses Buches nur Millimeter
(bzw. eine winzige Entfernung in Richtung einer Hyperdimension) von unzähligen Kopien
seiner Selbst entfernt ist. Da gibt es Kopien des Lesers, die das Buch in weniger als
einer Minute aus der Hand legen, andere lesen in einem Zug bis zu Ende. Wieder andere
haben in einer parallelen Zeit mit dem Buch noch gar nicht angefangen. Es wird auch Kopien
des Lesers geben, denen das Schicksal widerfahren ist, dieses Buch überhaupt nicht in die
Hände bekommen zu haben. Die Welten der sich ausbreitenden Kopien eines Menschen sind in
einer Dimension aufgestapelt, die wir niemals kontrollieren  können. Das Bild einer
räumlichen Zusatzdimension ist nicht ganz exakt, es handelt sich eher um ein Überlagerung
von gleichberechtigten Realitäten in einem Superraum. Es ist eine noch offene Frage, ob
es nur eine endliche Zahl von parallelen Universen geben kann, oder ob sich die Universen
ins Unendliche multiplizieren.
   
  
Der potentielle Zuwachs an parallelen Universen lässt sich noch vermehren, wenn man annimmt,
dass sich zwei leicht verschiedene Universen wieder zu einer Version vereinigen können. In
diesem Fall kann die Vereinigung zweier paralleler Universen umgekehrt auch als eine
Verzweigung in Richtung Vergangenheit interpretiert werden. Ob der Vorgang als Verzweigung
oder Vereinigung gesehen wird, hängt von der zeitlichen Orientierung ab. Eine Verzweigung in
Richtung Zukunft ist eine Vereinigung in Richtung der Vergangenheit. Das Abzweigen der
Universen auch in Bezug auf die Vergangenheit anzunehmen, ist eine direkte Folgerung aus der
zeit-symmetrischen Schrödingergleichung. Da sich die Universen sowohl in die Vergangenheit als
auch in die Zukunft vervielfältigen, ist eine endliche Anzahl von parallelen Universen nur
noch schwer vorstellbar. Es darf sogar Universen geben, die sich in Richtung der Vergangenheit
verzweigen und mit bestimmten Zuständen auf Zweigen der Zukunft identisch sind.
Daher sehen einige Universen der Vergangenheit wie Abbilder der Zukunft aus. Ebenso bilden
seltsame Zukunftsversionen Verwandtschaften zu vergangenen Universen aus.
  
  
Mit dieser Interpretation verliert auch die Vergangenheit ihre unveränderliche Eindeutigkeit.
Da jedes denkbare Universum, sowohl in der Vergangenheit als auch in der Zukunft, existent
wird oder war, ist jede Ordnung der Zeit zerstört. Welten die sich beliebig hin und her
vereinigen, auflösen, sich rückwärts und vorwärts in alle Möglichkeiten verzweigen, lassen
den gesunden Menschenverstand und seine Vorstellung von Zeit im Chaos versinken. Um unsere
Realität, die wir erleben,  nicht einer kosmischen Beliebigkeit zu unterstellen, sind wir
gezwungen die Vollzahl der anderen Universen  mit einer Realität zweiter Ordnung zu versehen.
Unsere erste und wahre Realität entspricht dem Zweig der Vergangenheit, mit dem unsere
Erinnerungen übereinstimmen. Auch wenn wir über die Quantenprozesse mit Universen unserer
Vergangenheit verknüpft sind, die unserer Zukunft ähnlich sind, haben sie für die Bestimmung
der Realität unserer Gegenwart keine Bedeutung.
  
Ebenso ist die Vielzahl der vergangenen
Universen, in denen zum Beispiel der 2.Hauptsatz der Thermodynamik ungültig ist, für unser
gegenwärtiges Universum irrelevant. Für uns besitzt nur der vergangene Zweig reale Existenz,
der mit den Fakten unseres Gedächtnisses übereinstimmt.
 
  
Die Zeit verliert in diesem kosmischen Netzwerk von unzähligen Pfaden, endlosen Verzweigungen
und verwirrenden Verknüpfungen ihre Eindeutigkeit. Das Superuniversum der parallelen Welten ist
ein Labyrinth, in dem unsere Begriffe von Zeit und Raum keinen Ausgang mehr finden.  Aus der
Viele-Welten-Theorie folgt auch, dass wir zu den Universen mit Realität zweiter Ordnung nur
wenig Möglichkeiten der Kontaktaufnahme haben. Aus den physikalisch-mathematischen Analysen
der Everett-Theorie folgt zweifelsfrei, dass die Existenz verzweigter Universen mit physikalischen
Beobachtungsinstrumenten nicht ohne weiteres beweisbar ist. Das ist der schwache Punkt der
Theorie. Eine Theorie, die Universen in Vielzahl behauptet und gleichzeitig sagt, dass man
nicht in sie hineinschauen kann, muss als theoretischer Ballast gewertet werden. Natürlich
gibt es auch Versuche, dieses Gegenargument zu widerlegen. Der Physiker David Deutsch hat in
einer Arbeit schon 1985 die Idee entwickelt, dass geschlossenen zeitartige Weltlinien Tore in
die Everettwelten eröffnen. Im Gedankenexperiment entwirft er das Modell eines
Superquantencomputers, der die unglaubliche Fähigkeit besitzt Photographien aus parallelen
Welten zu anzufertigen. Die mögliche Kommunikation zwischen den parallelen Universen, die
sich durch Quantenprozesse aufsplittern, führt letztlich auf die Existenz einer
funktionierenden Zeitmaschine. Auch hier muss erwähnt werden, dass führende Physiker mit
dieser Interpretation der Quantenmechanik nicht übereinstimmen.
  
  
Da die Kopenhagener Deutung der Quantenphysik in vielen Dingen ebenfalls unbefriedigend ist,
kann der everettsche Ansatz zumindest als gesprächsöffnender Versuch gewertet werden. Es gibt
sogar einzelne Theoretiker, die diesen Versuch als nicht bizarr und verrückt genug bezeichnen,
da ihrer Meinung nach die Wirklichkeit viel komplizierter strukturiert ist, als wir uns
überhaupt vorstellen können.
 
  
Es ist merkwürdig, dass die Idee einer  Vielzahl von fremden Universen schon in den theoretischen
Modellen der Allgemeinen Relativitätstheorie auftaucht. Deuten sich hier ungeahnte Verbindungen
zwischen der Relativitätstheorie und der Quantenphysik, den beiden Grundpfeilern der modernen Physik,
an? Bei der Diskussion der Schwarzen Löcher wurde die Existenz fremder Universen vermutet, die durch Wurmlöcher oder
Einstein-Rosen-Brücken miteinander verbunden sind. Ein rotierendes Schwarzes Loch hält sogar
eine Unendlichkeit von parallelen Universen bereit, deren Existenzstatus noch weitgehend
ungeklärt ist. Sind die durch Wurmlöcher erreichbaren Universen mit den Paralleluniversen der
Quantentheorie identisch? In der indischen Mythologie gibt es das Bild von Indra, dem
Weltenschöpfer, der die Vielzahl der Welten als Perlen in einem Netz verknüpft. Sind die
Schwarzen Löcher vielleicht zentrale Knotenpunkte in einem superuniversalen Netz von
parallelen Welten?
 
  
Durch die Theorie der vielen Welten ergibt sich eine elegante Möglichkeit die paradoxen
Verhältnisse bei Zeitreisen zu vermeiden. Das Paradox entsteht, wenn der Zeitreisende
eine Handlung in der Vergangenheit vornimmt, die seiner eigenen Lebensgeschichte und
Erfahrung widerspricht. Folgt man der Viele-Welten-Theorie so entsteht mit dem Kontakt
in der Vergangenheit eine neue Verzweigung des Universums. Mit dem Kontakt zu Vergangenheit
des Universums bildet sich ein neues Paralleluniversum und löst das Paradox auf. Alternative
Handlungsabläufe widersprechen sich nicht,  wenn sie real in parallelen Universen ablaufen.
Zeitreisen sind in diesem Sinne keine Reisen in einer Zeit, sondern sind Reisen in
Parallelwelten. Alle zeitparadoxen Ereignisfolgen sind in der Vielzahl der Welten auflösbar.
  
  
Zeit verliert ihren Status als eine eindeutig definierte lineare Dimension. In der
Viele-Welten-Theorie erscheint sie eher wie ein unendlicher Irrgarten, in dem sich die
Zeitpfade verzweigen, zusammenlaufen, Kreise bilden und sich im Uferlosen verlieren.
Der Weg zurück ist niemals der Weg, den man gekommen ist. In der Vollzahl der Zeiten ist
eine Unermesslichkeit von bizarren Welten enthalten und umgekehrt. In Übereinstimmung
mit der Viele-Welten-Interpretation der Quantenmechanik spaltet sich das Universum in
jedem Zeitpunkt in viele unterschiedliche Universen auf. Jedes Quantenereignis, das mehrere
Möglichkeiten seiner Realisation besitzt, verwirklicht sie alle, allerdings in
unterschiedlichen Universen.
  
Solche parallelen Universen werden immer dann erzeugt, wenn eine Entscheidung zu treffen ist,
die theoretisch auch hätte anders ausfallen können. Wenn ein Mensch also vor der Entscheidung
steht am Abend ins Kino zu gehen, oder zu Hause zu bleiben, kann er sich in einem Universum nur
für eine Möglichkeit entscheiden. In einem alternative Universum ist aber auch die andere
Möglichkeit realisiert. Jede Alternative zwingt das Universum, sich in Zweige aufzuteilen.
Nachdem sich die Universen, bedingt durch Alternativen, aufgeteilt haben, laufen sie unabhängig
und unbeeinflussbar voneinander jedes für sich vollkommen real weiter.
    
  
Das bedeutet, dass eine Beeinflussung der Vergangenheit durch einen Besucher aus der Zukunft
das Universum in parallele Versionen aufteilt, so dass die Zukunft in dem abgezweigten
Universum durchaus anders verlaufen kann, als in dem Universum, aus dem der Zeitreisende
abgereist ist. Jedes Mal, wenn der Zeitreisende versucht seine Vergangenheit zu ändern,
erzeugt er einen neuen Zweig im sich verzweigenden Baum des Superuniversums aller möglichen
Welten. In Wirklichkeit handelt es sich nicht um eine Zeitreise, sondern um das Überwechseln
in parallele Universen. Daher gibt es keinen logischen Zirkelschluss und das
Kausalitätsprinzip wird nicht angetastet. Beim Überwechseln in einen parallelen Zeitstrom
entstehen zwar Wirkungen und Informationsübertragungen aus einem Startuniversum in ein
paralleles Zieluniversum hinein. Diese Einflüsse sind nicht aus Ursachen in der Vergangenheit
des Zieluniversums ableitbar. Aus der Position eines Metabeobachters, der alle parallelen
Universen überblickt, ist das Prinzip von Ursache und Wirkung nicht verletzt.
  
Mit einer tatsächlich funktionierenden Zeitreise würde allerdings die bisherige Annahme der Everett-Theorie
widerlegt, dass parallele Universen nach ihrer Aufteilung unbeobachtbar und unbeeinflussbar
weiterlaufen. Merkwürdig ist es schon, wenn plötzlich Wirkungen aus einer Parallelwelt
hervorkommen, zu deren Ursachen wir nur wenig Zugang haben. Für unsere Großvaterbeispiel
ergibt sich im Viele-Welten-Modell eine Ereignisfolge ohne irgendwelche Widersprüche.
  
  
A reist in der Zeit zurück und tötet seinen Großvater . Durch diesen Akt einer freien
Entscheidung, die auch hätte anders ausfallen können, wird das Universum in
Übereinstimmung mit den Quantengesetzen gezwungen, sich zu duplizieren.
In der einen Version, Universum I, lebt der (böse) Großvater unbeeinträchtigt weiter,
es ist das Universum, aus der A zu seiner Zeitreise aufgebrochen ist. In der anderen Version,
Universum II, ist der Großvater tot. In diesem Fall wird der Großvater im Universum II auch
keine Gelegenheit mehr für die Erzeugung von Nachkommen haben. Es wird in dem Universum II
keine zukünftige Version A geben. In jedem Fall geht das Universum II in der Folge mit dem
eingewanderten A und einem toten Großvater seinen gewohnten Gang, A ist nichts als ein
Fremder, der durch welche Umstände auch immer von außerhalb in das Universum II hineingekommen
ist. Im Metakosmos der parallelen Universen gibt es fast unzählige Versionen von  A und
seinem Großvater. Wenn A die Fähigkeit besitzt, in parallele Universen überzuwechseln,
wird er möglicherweise bei einem zweiten Wechsel in ein Universum III seinen Großvater
noch lebend antreffen.  Auch dürfte es A nicht schwer fallen mit seinen persönlichen
Variationen aus den Universen III, IV,V ... in Kontakt zu treten. Noch chaotischer
wird der Sachverhalt, wenn er in das Universum XV hinüberwechselt, in dem eine andere
Version seiner Selbst aus Universum XVI gerade dabei ist die Großvaterversion in Universum
XV zu ermorden. Pseudoverdoppelungen dieser Art mit einer weiteren Verdoppelung der
Verdoppelung sind bizarre Ereignisketten. Es fällt schwer, in dieser ungehemmten
Vervielfältigung der Person irgendeinen logischen Widerspruch zu finden. In der
Theorie der Vielen-Welten lässt sich auch erklären, warum bisher keine Kontakte mit
Zeitreisenden bekannt sind.  Die Viele-Welten-Theorie bietet eine elegante Lösung
der HWZ-Behauptung an:
Der Großvater kann in einer Welt nicht gleichzeitig tot und lebendig sein, es sei
denn es existieren zwei verschiedene Welten. In der einen Welt ist der Großvater durch
einen geheimnisvollen Fremden, der aus einer merkwürdigen Maschine gestiegen ist, getötet
worden. In der anderen Welt hat sich nichts ungewöhnliches ereignet und dort lebt der
Großvater lange genug, um einen Enkel zu erzeugen. Dieser Enkel erfindet eines Tages eine
Maschine, die Zeitreisen ermöglichen soll. Tatsächlich ist es eine Maschine, die nicht
nur Reisen in der Zeit, sondern auch Übergänge in eine Parallelwelt vermittelt.
Die Ankunft der Zeitmaschine in der Vergangenheit spaltet die Welt sofort in zwei
Versionen auf. In der einen Version bleibt alles beim Alten. Es gibt keinen
Kontakt mit der Zukunft und keine Ankunft irgend einer Zeitmaschine oder
eines mordlustigen Enkels aus der Zukunft. In der zweiten, neuen Version,
die sich erst durch den Kontakt mit der Zeitmaschine entwickelt hat, tritt
der Zeitreisende in ein paralleles Universum ein. Die Vergangenheit des
parallelen  Universums stimmt mit der des eigenen Universums überein,
allerdings nur bis zu dem Moment, in dem sich das Universum in zwei Versionen
aufspaltet. In dem Moment, in dem der Zeitreisende kausal auf die Vergangenheit wirkt,
z.B. den Großvater erschießt, zerteilt sich das Universum. Der Zeitreisende hat das
neue Paralleluniversum letzten Endes durch die Zeitreise erschaffen. In dem neuen Universum
hat der Großvater keine Zukunft. Von einer Zeitmaschine aus der Zukunft können nur die
Menschen erzählen, die in einer neuen Kopie unseres Universums leben. Wir, die wir uns
auf dem alten Zweig bewegen, haben nie einen Kontakt mit einem Zeitreisenden erfahren.
Unsere parallelen Kopien im abgezweigten Universum sind besser dran. Sie erleben den
bahnbrechenden Erfolg einer Zeitmaschine. Leider können sie uns ihre Erlebnisse mit den
Zeitreisenden aus der Zukunft nicht übermitteln. Aus genau diesem Grund können wir auch
keinen Besuch aus irgend einer anderen Parallelwelt bekommen. Jeder Kontakt mit der
Parallelwelt führt zur weiteren Aufspaltung unseres Universums.
    
  
Zumindest existieren nach dem Parallelweltkontakt zwei Universen, ein Zweig, der
keine Ankunft aus der Parallelwelt enthält und ein anderer Zweig, in dem unsere
Kopien mit dem Parallelwelt-Zeitreisenden einen wundersamen Informationsaustausch
pflegen. Botschaften aus der Zukunft  müssen daher als Botschaften aus einem anderen
Universum aufgefasst werden. Wenn sie uns von einem drohenden Unheil erzählen,
so sind wir durchaus in der Lage, unsere Entscheidungen so zu ändern, dass die uns
vorausgesagte negative Zukunft nicht eintritt. Denn es ist ja nicht unsere Zukunft,
über die wir informiert wurden, sondern die eines anderen Universums.
    
  
So könnten Besucher aus der Zukunft einen Zeitungsartikel mitbringen, in dem beschrieben wird,
warum ein bestimmtes Flugzeug an einem bestimmten Tag, der in unserer Zukunft liegt,
abgestürzt ist. Wir  werden dadurch in die Lage versetzt, Maßnahmen zu treffen, dieses
Unglück mit Erfolg zu verhindern. Dadurch wird es nicht vollständig ungeschehen gemacht.
Zumindest in einem Universum hat sich dieses Unglück ereignet und durch den Kontakt über
die Zeitmaschine wird nur verhindert, dass es sich auch in einem anderen Universum
realisieren kann. Auch könnten uns durch die Zeitmaschine Erfindungen übermittelt
werden, die unsere technische Entwicklung extrem beschleunigen. In unserem Universum
würde zwar derjenige Mensch, der diese technische Errungenschaft in der Zukunft erfinden
sollte, um eine reelle Chance und den Lohn seiner Studien gebracht. Der potentielle
Erfinder, der noch um die Gestalt seiner Erfindung ringt, würde plötzlich vor vollendete
Tatsachen gestellt. Tatsächlich aber ist diese Erfindung von einer parallelen oder auch
zukünftigen Kopie seiner Person in einem anderen Universum gemacht worden.
  
Die Zeitreisenden erschaffen uns und das gesamte Universum neu, aber das ist nicht mehr unsere
Geschichte. Wir bewegen uns auf dem alten Zweig weiter, als wäre nichts geschehen. Unsere neuen
Ichs, deren Existenz vom Zeitreisenden durch quantenphysikalische Wahlentscheidungen erzeugt
wurde, erleben eine Parallelwelt, in der direkte Kontakte mit einer realen Zukunft tatsächlich
stattgefunden haben. Ob man in diesem Fall noch von echten Zeitreisen im Wellschen Sinne
sprechen kann, erscheint in der Everett-Interpretation fraglich. Tatsächlich handelt es
sich nicht um Reisen durch die vierte Dimension, die wir Zeit nennen, sondern um Reisen in
parallele Universen.  Parallelweltreisen lassen sich eher als Reisen in einer zusätzlichen
fünften Dimension auffassen, die eine Dimension von Wahrscheinlichkeiten ist. Was wir als
Zeitreise interpretieren, ist nur eine Bewegung entlang einer Wahrscheinlichkeitsachse,
die mit alternativen Weltzuständen verknüpft ist.
    
  
Die everettsche Interpretation der Quantenmechanik behauptet die reale Existenz aller möglichen
Welten, wenn sie nur die Gesetze der Quantenphysik respektieren. Daher muss auch die
Zeitmaschine in irgendeinem Universum existieren. Einzige Voraussetzung dazu ist, dass sie
logischen Gesetzen und den Gesetzen der Quantenmechanik nicht widerspricht. Ein berühmter
Physiker, der sich eingehend mit den Grundlagenproblemen seiner Wissenschaft beschäftigte,
hat einmal behauptet:   "Alles, was möglich ist, existiert auch." Wenn die Physiker eine
Zeitmaschine für möglich halten, dann garantiert die Theorie der vielen Welten die Realität
der Zeitmaschine, in welchem Universum auch immer.
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