Die Everettsche Interpretation der Quantenmechanik ist zur Zeit noch sehr umstritten.
Viele aktive Physiker halten die Behauptung über die Existenz einer Vielzahl paralleler
Universen für theoretischen Ballast, wenn sie überhaupt etwas davon halten. Falls es nur
ein Universum gibt, fallen die eleganten Lösungen weg, die die Viele-Welten-Interpretation
für Ereignisparadoxe anbietet. Neue philosophische und physikalische Argumente sind nötig,
um die mögliche Existenz von geschlossenen zeitartigen Kurven  zu widerlegen. Ein  unter
dem Namen  "Chronology Protection Conjecture" von Stephan Hawkings vorgebrachtes Prinzip
ist der Versuch, die ungeliebten Zeitreise-Paradoxien einfach zu verbieten.
Es besagt nichts anderes als die physikalische Unmöglichkeit von Zeitmaschinen.
Seine Analyse führte in zu der starken Vermutung, dass Fluktuationen des Vakuums
die Entstehung pathologischer Zeitkurven verhindern. Raumzeitbereiche, in denen
geschlossene zeitartige Kurven erzeugt werden, schließen sich sofort durch eine
Singularität ab, so dass der Zeitreisende nur durch einen Horizont dorthin gelangen kann.
Seine Rückkehr ist aber damit ausgeschlossen.
  
  
Dieses Resultat wurde von seinen Fachkollegen den Physikern Thorne, Novikov und Kim stark
angezweifelt. Bei den unklaren Fragen geht es hauptsächlich, darum  wie Details der
Quantengravitation zu behandeln sind. zur Zeit ist es noch unklar, wie sich
Vakuumsfluktuationen der Quantenfelder auf die Existenz und Passierbarkeit von
Wurmlöchern auswirken. Die wissenschaftlichen Facharbeiten zu Wurmlöchern, Tachyonen,
geschlossene zeitartige Kurven, Strings und Singularitäten  füllen die Journale mit
großer Diskussionsbreite. Mathematische und physikalische Analysen, die die Möglichkeit
von Zeitreisen nicht notwendig ausschließen, rufen bei vielen anerkannten Physikkollegen
vehement Widerspruch hervor. Die unvermeidbare Möglichkeit von Zeitreise-Paradoxa
lassen viele Wissenschaftler an der realen Existenz von geschlossenen zeitartigen Kurven
zweifeln. Doch die Befürworter der theoretischen Möglichkeit von Zeitreisen haben Verstärkung
erhalten. Der berühmte Stephen Hawking ist zuletzt in das Lager der Zeitreisevertreter gewechselt.
Nach anfänglicher, öffentlich zur Schau getragener Skepsis hat er seine Meinung grundsätzlich geändert.
In einer TV-Dokumentation des englischen Fernsehens hat Hawking eingeräumt, dass er sich
beim Thema Zeitreise lange zurückgehalten hat, um sein Ansehen in der etablierten Wissenschaftswelt
nicht zu gefährden. In Interviews vertrat Hawkings zuletzt die Meinung, dass die Zeitreise nicht nur
eine spekulative theoretische Möglichkeit ist, sondern er glaubt auch, dass Zeitreisen in naher
Zukunft technisch realisierbar sind.
  
Die Mehrzahl der theoretischen Physiker tendieren in ihren persönlichen Urteilen zu einer Kompromisslösung.
Für den Fall, dass das Kausalitätsprinzip gewahrt bleibt, hätten sie gegen eine Zeitreise nichts
einzuwenden. Sie bevorzugen den Grundsatz, dass für Wechselprozesse, die gegen die Kausalität
verstoßen, die Wahrscheinlichkeit gegen Null geht. Es muss irgendwie ausgeschlossen werden,
dass Folgen ihre Ursache verhindern können. Es existieren in unserem Universum tiefer liegende
Gesetzmäßigkeiten, die das Entstehen einer zeitparadoxen Situation verhindern.
Diese vermutete Gesetzmäßigkeit lässt sich im Bild eines imaginären kosmischen
Zensors veranschaulichen. Nehmen wir an, dass sich der Zeitreisende in seiner
eigenen Vergangenheit befindet und mit seinem früheren Ich kommuniziert.
Die lokalen Bedingungen sind so, dass der Zeitreisende scheinbar die Freiheit hat,
sein früheres Ich  davon zu überzeugen, niemals in eine Zeitmaschine zu steigen.
Wir nehmen ferner an, dass das frühere Ich in seinen Entscheidungen autonom ist
und tatsächlich die Entscheidung trifft, niemals in eine Zeitmaschine zu steigen,
falls sich in seiner weiteren Zukunft eine Gelegenheit dazu bieten sollte. Diese
Entscheidung kann der kosmische Zensor allerdings nicht akzeptieren. Tatsächlich
werden sich die Umstände im weiteren Leben des früheren Ichs so verändern, dass
er seinen gefassten Entschluss, wie auch immer, nicht realisieren kann.  Daher
ist  Mensch in seinen Entscheidungen nicht mehr autonom, d.h. das kosmische
Gesetz , das zeitliche Paradoxien verhindert, erweist sich letztlich als
Beschränkung der Entscheidungsfreiheit des Menschen. Dies bedeutet, dass der Zeitreisenden
die vergangenen Voraussetzungen seiner zukünftigen Existenz nicht verändern kann,
selbst wenn sich Gelegenheit dazu bietet und  er es will . Es wird sogar vermutet,
dass der freie Wille nur ein physikalischer Effekt zweiter Ordnung ist, und dass
die Naturgesetze dem freien Willen nicht erlauben, widerspruchsvolle Ereignisse
in Gang zu setzen. Daher können keine zeitparadoxen Situationen existieren.
   
  
Der kosmische Zensor verhindert so, dass sich der Mensch in bestimmten  konkreten Situationen
autonom verhalten kann. Die Natur die menschliche Willensfreiheit ist über eine globale
Konsistenzbedingung einschränkt. Genauer gesagt, nicht alle lokalen Handlungen eines
Menschen, die theoretisch möglich sind, können durch seinen Willen gesteuert werden.
Wenn ein lokal mögliches Ereignis mit den globalen Bedingungen nicht verträglich ist,
weil die Konsistenz mit zukünftigen Ereignissen gefährdet ist, so werden Wirkungen
induziert, die das kritische Ereignis verhindern. Da bei  Experimenten auf geschlossene
zeitartige Kurven der freie Wille des Experimentators eine entscheidende Rolle spielt,
muss diese naturgesetzliche Zensur auch die Willensfreiheit des Menschen regeln.
   
  
   
Nullhypothese für Zeit-Paradoxe :
Für Makroprozesse, die die Kausalität verletzen, geht  die   Wahrscheinlichkeit gegen Null.
Zeitreisen, die die Kausalität wenig stören, haben eine von Null
verschiedene Wahrscheinlichkeit,  dass sie funktionieren.
 
Dahinter steht die tiefsitzende Grundannahme, dass die Natur in sich widerspruchsfrei
arbeitet. Zirkulär und merkwürdig dürfen die Ereignisfolgen schon sein, allerdings müssen
sie miteinander verträglich sein. Das Prinzip der Selbstkonsistenz schränkt die bei
Kausalverletzungen möglichen Ereignisfolgen bei Zeitreisen erheblich ein. Wenn durch
den Zeitreisenden, der aus der Gegenwart kommt, ein Ereignis in der Vergangenheit
verursacht wird, dann kann dieses Ereignis in der Vergangenheit nicht benutzt werden,
um eine Botschaft in die Zukunft zu senden, die den Zeitreisenden in der Gegenwart
veranlassen könnte, das spezielle Ereignis in der Vergangenheit nachträglich zu verhindern.
Es muss also einen naturgesetzlichen Mechanismus der zeitlichen Rückkoppelung geben,
der widerspruchsvolle Ereignisketten dieser Art verhindert.
     
  
Bisher hat die Wissenschaft dies noch nicht untersucht. Den sie macht die praktische Annahme,
dass menschliche Manipulationen von Energie und Materie, die lokal mit den physikalischen
Gesetzen verträglich sind, dies auch im globalen Sinne sind.  Die Idee der praktischen
Zeitreise stellt diese Annahme in Frage. Ein Ausweg aus dieser Situation  ergibt sich,
wenn man die Autonomiebedingung bei zirkulären Ereignisfolgen fallen lässt. Die Freiheit
eines Zeitreisenden ist stark eingeschränkt. Zeitreisen sind im Prinzip erlaubt, nur können
sie das faktisch Geschehene nicht verändern. Die Natur kann jederzeit und spontan einen
Umstand erzeugen, der verhindert, dass der Zeitreisende die Vergangenheit ändert bzw.
ändern kann. Irgendwie existieren alle Ereignisse auf der Zeitschleife, sind unveränderlich
und stören sich nicht.
   
  
Ist damit der freie Wille eine Illusion, oder wird der freie Wille nur gehemmt, wenn der
Mensch sich auf eine Zeitreise begibt? Seit Menschen denken können, haben sie sich mit dem
Problem menschlicher Autonomie auseinandergesetzt. In ihren Religionen, Mythen und
Philosophien haben sie viel darüber zusammengetragen. Gibt es eine göttliche Vorsehung?
Gibt es einen vorherbestimmten Lebensplan, der dem Menschen seine Rolle zuweist? Ist das
Schicksal in engen Grenzen unabänderlich? Unveränderlich auch dann, wenn ein Wink der
Götter das Wissen um die Zukunft enthüllt? Die Gestalt der unglücklichen Kassandra, eine
berühmten Seherin in der griechischen Mythologie, ist ein klassisches Beispiel für
logische Konsistenz in den Gesetzen des Schicksals. Die Götter gaben Kassandra die
Gabe der Zukunftsschau, allerdings war mit dieser Fähigkeit das unausweichliche Schicksal
verknüpft, dass ihre Gabe für alle anderen Menschen nutzlos sein sollte. Die Götter
verhinderten, dass Kassandras Erkenntnisse von den Menschen kausal verwendet werden konnten.
Sie bestimmten, dass ihr kein Mensch Glauben schenken sollte, wenn sie die Wahrheit über
die Zukunft verkündete.
  
Für den Fall, dass der Zeitreisende A in der Vergangenheit seinen
Großvater erschießen will, muss die Natur Vorsorge treffen. Irgendein merkwürdiger Umstand,
eine Ladehemmung zum Beispiel, oder ein plötzlicher Gedächtnisausfall von A, verhindern den
paradoxen Mordanschlag. Die Absicht, einen realen Widerspruch zu erzeugen, muss schon im Ansatz
durch den kosmischen Zensor vereitelt werden.  Dieser durchsichtige Versuch, einen logischen
Widerspruch zu erzeugen, spricht nicht grundsätzlich gegen die Möglichkeit der Begegnung mit
Personen der Vergangenheit. Bei tatsächlichen Zeitreisen muss der kosmische Zensor nur
verhindern, dass Handlungen vorgenommen werden, die bereits stattgefundene Ereignisse
aufheben könnten. Dies könnte in der Form von zusätzlichen Ereignissen geschehen, die
sich nicht in der Erfahrung des früheren Ichs manifestieren können, die aber verhindern,
dass vergangene Ereignisse ausgelöscht werden.
Im Fall (D) ist lässt sich ein logischer Widerspruch ohne Probleme vermeiden.
Die Verhältnisse müssen nur geeignet interpretiert werden. Wenn das ältere Ich sich nicht
erinnern kann, als jüngere Person mit einem Besucher aus der Zukunft Kontakt aufgenommen
zu haben, so ist das kein logischer Widerspruch. Die scheinbare Widerspruch löst sich sofort
auf, wenn das ältere Ich gesteht, dass sein Gedächtnis nicht gut genug funktioniert. Der
kosmische Zensor ist möglicherweise nicht in der Lage, die Selbstbegegnung eines Menschen
mit seinem früheren Ich zu verhindern. Wenn er nur die Option besitzt, jede Erinnerung an
diesen Vorfall streichen, dann erfüllt er ebenfalls seine ihm zugedachte Aufgabe. Die vom
kosmischen Zensor geförderte und allgemein anerkannte Fehlerhaftigkeit des menschlichen
Gedächtnisses trägt so zur logischen Konsistenz der zirkulären Ereignisfolgen bei.
 
  
Der Zensor sorgt dafür, dass für die beteiligten Zeitreisepersonen entweder das Gedächtnis
falsch funktioniert oder dass sie keine freie Wahl in ihren Entscheidungen haben. In beiden
Fällen wird der direkte logische Widerspruch umgangen.
Der kosmische Zensor wacht über ein Prinzip, das unsere Wissenschaft als Grundlage ihrer
eigenen Existenz für unverzichtbar erklärt hat. Irgendwie müssen Vergangenheit und Zukunft
mittels geeigneter Naturgesetze kooperieren, um logische Unmöglichkeiten auszuschließen. Das
Prinzip lautet vereinfacht:
   
  
   
Konsistenzprinzip für geschlossenen zeitartige Kurven :
Eine zirkuläre Ereignisfolge kann sich nur dann ereignen, wenn alle Ereignisse auf der
Zeitlinie in ihrer   Gesamtheit, d.h. global,  selbstkonsistent sind.  
   
Welten, in denen sich logische Widersprüche vertragen sollen, lassen sich einfach nicht
vorstellen. Und wir vermuten daher, dass eine Zeitmaschine, die unsere Logik sprengt, niemals
real existieren kann. Aber was ist, wenn sich die Komplexität der Natur nicht in unsere
anerkannte Wahr-Falsch-Logik  hineinzwängen lässt?  Gibt es einen logischen Grund für das
Universum? Wir wissen z.B. nicht welche erste Ursache dem Big Bang vorangegangen ist.
Aber das Universum ist da. Könnten wir uns nicht ebenso eine Zeitmaschine vorstellen,
die real existiert, ohne dass  ein logisch einsichtiger Grund vorhanden ist, warum sie überhaupt funktioniert?
  
Die Mathematiker und Physiker versuchen unablässig, der Welt eine rationale und logisch
einwandfreie Struktur zu geben. Und die Natur widerstrebt diesen Bemühungen, indem sie mit
immer neuen Überraschungen und paradoxen Enthüllungen aufwartet. Zu jeder vernünftigen
Erklärung, die der Mensch findet, gibt die Natur neue Rätsel und Widersprüche umsonst dazu.
Der Dichter Stephan Crane warnt vor der Illusion, der im Endlichen befangene Mensch könne
sich zum wissenden Meister des Universums entwickeln: " Zum Universum spricht ein Mann:
Schau her ich bin!  Na und? Verpflichtung seh ich nicht darin!"
   
  
Jedes erstellte wissenschaftliche  Modell der Welt  führt in seiner Weiterentwicklung
notwendig zu dem Punkt, an dem das Universum unmissverständlich erklärt, dass es sich nicht
verpflichtet fühlt, dieses Modell weiter zu erfüllen.  Möglicherweise ist das Universum
prinzipiell unvorhersehbar organisiert, d.h. kein rationales Modell der Physiker kann die
tiefliegende Dynamik des Universums erfassen. Nur wir weigern uns ständig, die endlichen
Grenzen eines rationalen Verstandes in Demut anzuerkennen. Bewusstsein, Intelligenz ,
menschliche Perspektiven und Ordnungen könnten sich letztlich nur als unbedeutende
Zufallsschwankungen im universalen Hintergrundrauschen unendlich komplexer Energiemuster
herausstellen.  Vielleicht ist es die eigentliche Aufgabe des kosmischen Zensors, uns
über den wahren Sachverhalt eines grundlos komplexen Universums zu täuschen. Könnten
wir uns von dieser Zensur befreien, würden wir unter Umständen erkennen, dass Zeitreisen,
Einhörner, Tachyonen, Parallelwelten,  höherdimensionale Lebewesen,
Zeitgyroskope und Zeitspiegel ohne Widersprüche nebeneinander in einem Superuniversum,
das mentale und physikalischen Räume integriert, existieren können.   Die Indizien für eine
fundamentale Neuorientierung unserer Vorstellungen von Zeit sind zweifelsfrei vorhanden,
doch es fehlt ein physikalisches Genie, das den gordischen Knoten der verwirrende Pfade der
Theorien entwirrt und die neuen Rätsel der Zeitdimension auflöst.
   
  
Möglicherweise schneidet der Einstein-Minkowski-Lichtkegel einen kausalen Bereich aus einer
Überwelt voll von lebendigen Vibrationen, von archetypischen Bildern, Phantasien, Bedeutungen
und traumhaften Ereignissen aus. Die Physiker bezeichnen die Ereignisse in Raumteilen, über
die sie nichts wissen können als raumartig. Die raumartige Sphäre könnte ein Symbol für die
inneren, imaginären und mentalen Räume des Menschen sein, deren vollständige Erforschung
noch aussteht. Die Idee der Zeitmaschine ist heute in der imaginären Welt an die Grenzlinie
zur realen Welt gerückt. Sie drängt zur Verwirklichung. Ob  sie jemals beiden Welten
angehören wird, wird die Zeit selbst zeigen.
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