Als die mathematischen Gleichungen der  Speziellen Relativitätstheorie im Detail ausgearbeitet
wurden, erkannte man, dass sich die Zeit in zueinander bewegten Systemen unterschiedlich
verhält. In der Theorie wird der merkwürdige Effekt einer sogenannten Zeitdehnung behauptet.
Die Seltsamkeit des Phänomens lässt sich am besten durch ein Gedankenexperiment verdeutlichen.
Ein Zwillingspaar beschließt die Folgerungen der Relativitätstheorie praktisch zu überprüfen.
Während der eine Zwilling  A auf der Erde zurückbleibt, reist der andere Zwilling B mit einem
Raumschiff zu den Sternen. Jeder der beiden Zwillinge besitzt eine Uhr, die alle Stunde ein
Signal abgibt. Wenn das Raumschiff sich mit wachsender Geschwindigkeit entfernt, wird der
zurückgebliebene Zwilling A die Signale aus dem All mit größerem Abstand empfangen. Der
Effekt der zeitlichen Verlangsamung der Signale wird außerdem verstärkt, wenn die
Geschwindigkeit des Raumschiffs zunimmt und sich der Lichtgeschwindigkeit nähert.
Mit Bezug auf das System der Erde tickt die Uhr im System des Raumschiffs langsamer.
Im Raumschiff ist der Zeitablauf gedehnt. Die Annahme ist gerechtfertigt, dass sich
auch die biologische Uhr des Zwillings B der Zeitverlangsamung anpasst. Vom System
Erde aus betrachtet, altert der Zwilling B im Raumschiff langsamer. Vom Standpunkt
des Zwillings B scheint aber eine analoge Aussage über A möglich, wenn B für sein
System den Ruhezustand behauptet. Mit dieser Festlegung wird das Raumschiff als
Ruhesystem betrachtet wird, so dass sich die Erde relativ zum "ruhenden" Raumschiffsystem
mit großer Geschwindigkeit entfernt. Vom System des Raumschiffs aus gesehen, verläuft
demnach die Zeit auf der Erde langsamer. Das führt scheinbar auf ein Paradox.
Jeder Zwilling behauptet für sich, dass die Zeit im jeweils anderen System langsamer verläuft.
Nachdem das Raumschiff schließlich zurückgekehrt ist, können aber nicht beide Zwillinge
behaupten, dass der jeweils andere Zwilling jünger geblieben ist.
  
  
Die Frage "Welcher Zwilling ist älter?" wurde in der Physikgeschichte als das
Zwillingsparadoxon bekannt. Eine genaue Analyse ergab, dass sich das Paradox ohne Probleme
auflösen lässt. Tatsächlich haben beide Zwillinge unterschiedliche Erfahrungen gemacht.
Das Raumschiff hat sich sowohl beim Start als auch in der Nähe des Umkehrpunktes der
Reise beschleunigt. Es liegt keine symmetrische Situation vor. Während Geschwindigkeit
ein relativer Begriff ist, ist die Beschleunigung bedingt durch Trägheitseffekte in
einem gewissen Sinne absolut. Theoretisch kann man aus dieser ungleichen Situation
eindeutig folgern, dass der Zwilling auf der Erde nach der Rückkehr älter ist als
sein Bruder im Raumschiff. Die Zeitdehnung ist keine Illusion, sie ist real. Aus
den Einsteinschen Gleichungen folgt weiter, dass die Dehnung der Zeit mit der
erreichten Geschwindigkeit zunimmt. Eine Geschwindigkeit von 99% der Lichtgeschwindigkeit
führt auf eine Verlangsamung der Zeit um den Faktor 7,  d.h. 140 Jahre wären auf der
Erde vergangen, wenn ein Reisender mit dem Raumschiff nach 20 Jahren Eigenzeit
zurückkehrt.
  
Abb.  (Lichtgeschwindigkeit und Zeitdehnung)
  
Die Physiker von heute haben keinen Grund an diesem vorausgesagten Resultat zu zweifeln. Der
Effekt der Zeitdehnung wurde 1971 durch zwei amerikanische Physiker in einem einfachen
Versuch demonstriert. Die Physiker Hafele und Keating waren davon überzeugt, dass die damals
erreichte Genauigkeit bei den modernsten Uhren ausreicht, um relativistische Effekte in einem
irdischen Experiment nachzuweisen. Sie bewegten sich relativ zur Erdoberfläche mit einem
schnellen Flugzeug gegen die Drehung der Erde. Dabei führten sie eine extrem genaue Atomuhr
mit. Eine andere Atomuhr, die vorher mit der Uhr im Flugzeug synchronisiert wurde, blieb auf
der Erde zurück. Beide Uhren zeigten bei einem Vergleich am Ende der Rundreise einen
nachweisbaren Gangunterschied. Im Zusammenhang mit weiteren Experimenten mit Elementarpartikeln,
 die in Beschleunigern auf Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit gebracht wurden,
 erwies sich die Dehnbarkeit der Zeit als ein unumstößliches Faktum. Je näher ein
 Materieteilchen der Lichtgeschwindigkeit kommt, desto mehr Energie ist notwendig, um es noch
 weiter zu beschleunigen. Die Lichtgeschwindigkeit exakt zu erreichen ist unmöglich. Die
 Theorie behauptet dann, dass bei Lichtgeschwindigkeit die Zeit in der Ewigkeit verschwindet
 und der Raum in sich zusammenfällt.
   
  
Aus dieser physikalischen Tatsache ergibt sich die phantastische Folgerung, dass die
Relativität praktische Zeitreisen in beliebig weit entfernte Zeitabschnitte der Zukunft
erlaubt. Die Bedingung dafür ist, dass das Zeitreiseobjekt mit seiner Geschwindigkeit nur
nahe genug an die Lichtgeschwindigkeit heranreicht. Ein fast lichtschnelles Raumschiff wird
in diesem Sinne zu einem Zeitschiff mit Kurs auf die Zukunft. Technische Konstrukte, die
Objekte und Menschen mittels eine hohen Geschwindigkeit in eine beliebig weit entfernte Zukunft
bringen können, erfüllen die Kriterien einer Zeitmaschine.  Die technischen Möglichkeiten für den
Bau von leistungsstarken Raumschiffen,  die  ihre  Passagiere  relativistisch in eine entfernte
Zukunft bringen können, liegen schon in  Reichweite. Die Raumfahrttechniker und Ingenieure besitzen
ausgearbeitete Modelle von Raumschiffen mit Photonenantrieb, die hohe Geschwindigkeiten mit starken
relativistischen Effekten erreichen können.
  
Es bleibt die Frage, welchen Sinn eine Reise in die Zukunft macht, wenn Meldungen über eine
erfolgreiche Ankunft erst tausend Jahre später gemacht werden. Für die zurückgebliebenen
Menschen der Gegenwart, die in diese Reise investiert haben, ist das relativistische
Zeitschiff ohne Nutzen. Alle relativistischen Zeitreisen verlaufen in Form einer
Einbahnstraße, nur in die Richtung Zukunft. Die Vergangenheit bleibt für Relativitätsreisende
für immer unerreichbar. Ob die Menschen einer weit entfernten Zukunft Nutzen daraus ziehen
können, wenn ein Raumschiff aus der entfernten Vergangenheit auftaucht, bleibt ebenfalls
zweifelhaft. Möglicherweise  ist ihre Technologie soweit fortgeschritten, dass sie über
"Relativitätsreisen" nur lächeln können. Warum sollte die Menschheit der Zukunft nicht
effektivere Methoden der Zeitreise entwickelt haben?  Vielleicht verfügen die zukünftigen
Zivilisationen über Tunnel in der Raumzeit oder hyperdimensionale Abkürzungen, die
beliebige Reisen zu den Sternen und in der Zeit erlauben?
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